Brigit Kämpfen-Klapproth - Förderpreisübergabe Kriens, 26. Oktober 2003, Textauszug


In den letzten zehn Jahren hat Bea Portmann eine persönliche Bildsprache entwickelt, an der mir zwei Aspekte besonders auffallen: zum einen sind es ihre stimmungsvollen und harmonischen Farbklänge zum andern eine immer reicher werdende Palette von Zeichenhaftem: Bildzeichen, die ebenso gut zu Ornamentalem wie zu Figürlichem mutieren können.

Man kann einem Bild meistens besser auf die Spur kommen, wenn man versucht, sich den Entstehungsprozess vorzustellen. Deshalb interessierte mich, wie die Malerin beim Arbeiten vorgeht.
Innerhalb des gesteckten Rahmenthemas lässt sie sich von ihrer Intuition leiten. In Verbindung mit der eigenen Gefühls- und Gedankenwelt lässt sie Farbklänge und Formen, Zeichenhaftes und Figuratives auf der Bildfläche erscheinen. Aber das traumtänzerische Auftauchenlassen wechselt ab mit bewusstem gestalterischen Entscheiden. Mit ihrer Methode, Versuch und Irrtum, tastet sie sich vor bis ein ausgewogenes Bildganzes entstanden ist, das sie sowohl gefühlsmässig wie ästhetisch befriedigt.

Seit dem letzten Jahr ist eine Werkreihe im Entstehen, die von Bea Portmann TapisSerie genannt wird. Ich habe mir diese Serie genau angesehen:

Die technische Angabe dazu: „Acryl auf Teppich“. Das sagt sich so leicht wie „Acryl auf Leinwand“.
Erst nach und nach wurde mir klar, wie sehr sich die Wahl dieses ungewohnten Bildgrundes in die Aussagekraft der Gemälde einmischt.
Die eigenartige Oberflächenstruktur der übermalten Teppichstücke, aber auch unser Wissen um den eigenartigen Bildträger stimulieren unser Assoziations-Vermögen nämlich fast so stark, wie die Bildgeschichten, welche die Künstlerin mit Acrylfarbe darüber legt. Vielleicht sollte ich noch präzisieren: Teppich heisst hier Teilstücke eines Afghanteppichs aus dem Nachlass der Mutter der Künstlerin. Ich nehme diesen Bildtgrund im Vergleich zu einem gewöhnlichen Leinwandgrund einmal genau unter die Lupe.

Da ist zuerst einmal der Unterschied in Material und Herstellung. An Stelle eines relativ glatten Leinwand- oder Baumwollgewebes steht hier der geknüpfte Wollteppich mit seinem typischen Flor. Neutrale Leinwand wird seit Jahrhunderten als Malgrund verwendet, während ein Teppich beim Übermalen seinem eigentlichen Zweck entfremdet wird. Ein Afghanteppich hat ja selber eine bewusst gestaltete Ästhetik - mit Farben, Formen, symbolhaften Ornamenten und Zeichen; und er bringt sowohl als Einzelstück wie als Gattung eine eigene Geschichte mit ins Spiel.
Erlauben sie mir jetzt ein paar Gedanken laut zu registrieren, die sich mir in diesem Zusammenhang auftun:
Ich denke, dass so ein Teppich als Stück des ehemaligen Daheims der Künstlerin auch aufgeladen ist mit Erinnerungen an Elternhaus und Kindheit und ich kann ihn mit seiner spezifischen Musterung auch als Metapher sehen für familienbedingte Prägungen oder allgemein tradierte Lebensmuster.

Stück für Stück verändert die Künstlerin beim Malen den bedeutungsvollen Malgrund , verwandelt das grosse traditionsgeladene Erbstück in viele kleinere individuelle Bilder.
Gewisse Teile der Teppich-Ornamentik bleiben unbedeckt stehen, dürfen weiter mitreden im neuen Bildgeschehen, das sich im Malen allmählich entwickelt: Neue intensive Farben legen sich über den dunkeltonigen Afghan, verschlungene Linien und Wegstücke werden vor unseren Augen zu Mustern und geheimnisvollen Zeichen, zu wundersamen Gewächsen, zu sagenhaften Tier- und Menschenwesen. Mit locker ausgewogenen Kompositionen befreit Bea Portmann das traditionelle Ornament, ohne dass dabei die Inspiration durch darunter liegenden Teppich ganz verleugnet wird.

Das Malen auf dem Teppich hat technisch seine Tücken. Der weiche Flor saugt nämlich immense Mengen von Farbmaterie auf. Das und die absorbierende Dunkelfarbigkeit des Afghans zwingen die Künstlerin zu einer üppigen Weissgrundierung. Diese verklebt aber das weiche Teppichhaar. Dadurch erhalten die Bildern eine ganz neue, gipsartige Materialität, einen eigenartig muralen Charakter. Es ist, als würde das, was sich so spielerisch über das Alte gelegt hat, nun selber Gefahr laufen, sich zu verfestigen.
Dieser Eindruck mischt sich als spannungsvoller Gegensatz in das lebendig frische Bildgeschehen und macht weitere Assoziationsfelder auf. Die Erinnerung an alte, geheimnisvolle Wandbilder taucht auf und, sobald uns auch die Risse und Sprünge in der Malschicht ins Auge fallen, drängen sich Gedanken an Veränderlichkeit und Vergänglichkeit dazwischen.

Ich empfehle Ihnen sehr, nachher noch einen Blick nicht nur auf die Teppichbilder, sondern auch auf die kleinen Blätter der jüngsten Serie “Trans“ zu werfen. Der Weg geht weiter. Auch diesmal entscheidet sich Bea Portmann für einen speziellen Malgrund: Transparentpapier. Offener und beweglicher kann ein Bildträger kaum sein. Durch das Bearbeiten mit Wasser wellt sich das feine Papier und entwickelt ein Eigenleben, das sich dann quirlig mit dem Gemalten vermischt. Wieder ist Neues im Entstehen.